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Die Bevormundung muss aufhören

Kommentar zum Beitrag "Das ADL-System offenbart seine Schwächen"

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Transparenz scheint nicht das Steckenpferd der Schulbehörde Obfelden zu sein. Den anonymisierten Bericht, den ihr die Fachstelle für Schulbeurteilung im November 2020 zugestellt hat, wollte die Schulpflege partout nicht herausgeben. Kopien und Fotografien untersagte sie. So kam es, dass die Journalistin das 59-seitige Dokument unter strenger Beaufsichtigung der Schulverwaltung von Hand abschreiben musste – bis man am nächsten Tag und nach anderthalb Stunden Schreibarbeit doch noch einknickte und es auf der Website veröffentlichte. Für dieses schikanöse Verhalten gibt es keine gesetzliche Grundlage. Durch das Öffentlichkeitsprinzip kann grundsätzlich jede Person Einsicht in amtliche Dokumente nehmen. Nur in Einzelfällen kann der Zugang eingeschränkt werden. Bei der Einsichtnahme ist die Behörde dazu verpflichtet, Kopien auf Verlangen zu ermöglichen.


Die Schulbehörde hielt sich nicht  an diese Praxis. Stattdessen führte sie als Begründung an, man habe das nunmal so entschieden. Mit solchen Scheinargumenten gängelte sie auch Eltern von Schulkindern, die nach dem Bericht fragten. Dort machte sie «strategische Gründe» geltend. Wer Einsicht wollte, musste auf der Schulverwaltung antraben, durfte das Dokument unter Aufsicht lesen und im Anschluss Fragen stellen.


Was die Schulbehörde gerne als «konstruktiven Austausch» verkauft, ist nichts anderes als krasse Bevormundung. Die Beteiligten schränken die Herausgabe des Dokuments ein und verunmöglichen so, dass ausserhalb ihres Einflussgebiets eine Diskussion über die Qualität ihrer Arbeit entstehen kann. Damit spielt die Behörde ihre Machtposition gegenüber den Eltern gezielt aus: Im Wissen darum, dass viele sich hüten werden, sich über diese Praxis zu beschweren – aus Angst, ihr Kind könnte in der Schule die Konsequenzen tragen.


Mit ihrem Verhalten zeichnen die Verantwortlichen das Bild einer abgehobenen Behörde, die nur sich selbst verpflichtet ist. Sie irren. Die Schule hat einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Eltern haben ein Anrecht zu erfahren, wie gut oder schlecht ihr das gelingt. Dasselbe gilt für die Öffentlichkeit, die das Angebot finanziert. Die Bevormundung muss aufhören. Sie ist nicht vertrauensfördernd.

Dieser Beitrag ist am 6. Juli 2021 im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern erschienen.

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